SlovoKult ::
Lyrik
Eftim Kletnikov
Ausgewählte Lyrik
Aus dem Makedonischen von Filip Kletnikov und Benjamin Langer
Ausgewählte Lyrik
Aus dem Makedonischen von Filip Kletnikov und Benjamin Langer
Jener silberne Fisch
Dieser Morgen tief wie ein Rubin
während wir am Kanalufer sitzen
was alles sieht, was denkt
jener silberne Fisch
der durch das Wasser gleitet
(Oder ist er jemandes Pupille,
jemandes Gedanke?)
So fragen wir uns
und bemerken es nicht, als
er die Schwelle übertritt
zu unserem blauen Bewusstsein.
Auf einmal, sieh: Das Fenster
eines Hauses jenseits der Berge
wird zum Fischauge
und die Sonne, die darüber hinweggeht
hat Kiemen, goldene Schuppen
und einen Fischschwanz.
In der Mitte des Hauses
der Meeresgott
nachdem er ein Schloss gelegt hatte
an unsere verstummten Lippen
holte er sich die Fische zurück
vom gedeckten Tisch, der war.
Der Ankömmling
Der Ankömmling hatte
Finsternis in den Augen
und Kälte im Herzen.
Der Hausherr und die Hausherrin
stellten den Teller
an den Ofen,
zur warmen Seele der Ahnen.
Sie stellte ihm noch
einen Krug Gebirgswasser
ans Kopfende des Bettes
denn sie erkannte an ihm die Verbrennungen
des niederträchtigen Sommergestirns.
Dann ward Stille
und der Traumvogel
nahm den Weg in die Höhen.
Im Morgengrauen,
anstelle des Ankömmlings,
auf der Lagerstatt:
Büsche kleiner Blüten
die sich anschicken zu sprießen
und der Krug geborsten,
der nicht ertragen konnte
den leeren Schein
seines Mondantlitzes.
Neolith. Opfergefäß
Der Ton ist gebrannt.
Das Feuer übersingt die Asche.
Das Gefäß, das heiligt.
Es singt, es schließt sich nicht
der begeisterte Mund
des neolithischen Bruders
der gesät hat.
Aus ihm entsprudelt auch das Lied
des neolithischen Gottes
der geerntet hat.
Es schwärmen die Stimmen
überreif hinter dem Bewusstsein
und das Getreide fällt
in die Krüge.
Schwer sinken nach unten
mit ihrer Last
Wasser und Feuer.
Gott weiß:
Auch heute
wird jener, der die Tonerde preist
und tief lauscht,
wieder die Fülle ernten.
Er haucht jetzt,
von neuem hingegeben an die Schöpfung,
aber nicht aus einer Rippe
sondern aus einem Ohr schafft er
den Neuen Adam.
Oh tiefe Schüssel, die lauscht!
Oh klingendes Getreide
über ihr
gebeugt von seiner Last!
Neolith. Geborstenes Gefäß
Vielleicht flog hier der letzte Meteor vorbei
mit Hochzeitsgaben für den Stein
vielleicht riss ein der mittägliche Zenith des Seins
inmitten des erstgereiften Getreides
vielleicht stöhnte der Lehm, als der Dolch
in den Körper drang, den Gott aus ihm geformt hatte
vielleicht schnitt das Kinderweinen
die Sekunde der andauernden Mitternacht entzwei
und jetzt versinkt die Stimme der schwarzen Gewässer tief
vielleicht raste irgendein Reiter durch die schrecklichen Schatten
der Teilchen, aus denen er nimmermehr hervorkam
vielleicht leuchtete stärker in Gott
der Gedanke an das Kornkammergrab
und wurde dann zu Ruß
vielleicht klaffte das Fischmaul, uns etwas zu sagen
als sich das Wasser zurückzog
und wartet noch immer auf die Sintflut, um zu reden
vielleicht rollte aus der Zukunft herab
der tiefblaue Schrei des Ungeborenen
das sich auf dem leeren Marktplatz der Stadt ergeht
allein mit dem Mond und dem Henker
vielleicht sang die purpurne Stimme der Rose zu laut
welche die Neuvermählten
aus der Kirche gerade in die Leichenhalle brachte
vielleicht erreichte auf der Stirne des Helden
die Asche das Gold und den Lorbeerkranz
so dass Rost beide, Sieg und Freiheit, zerfrisst
vielleicht brachte der Bote vorzeitig über dunkle Gebirgspässe
die Nachricht vom Unwetter in unserer Liebe
und von den Wunden Makedoniens...
Orgie
Voller Dunkelheit der Grund
ohne Ränder der Raum
eingestampft das Licht
einer weißen Galaxie.
Aber wenn es scheint
dass von dem dunklen Überfluss
das Rückgrat der Welt gebrochen ist
beginnt zu strömen
die Musik der Elemente.
Voll uralter Frische sind die Wasser.
Ein blinder Stern
findet seine Pupille wieder
zarter Funken
in der Finsternis der Materie
und es blickt uns an allsehend
das göttliche Auge.
Aber wo verlor sich
wohin verirrte sich mein Kuss
in diesem trüben Lärm
aus dem ein junger
und undurchsichtiger Wald entspross?
Dort, ein Kind
in den Dickichten des Blutes
bevor sein Name ausgesprochen wird
bahnt es einen Weg durch die aufgetürmten Schatten und singt
wodurch sich wieder erholt
die erschöpfte Welt.
Seine angeschwollene Stimme
führt die verirrten Seelen und Sterne
die Hirten und die Herde
auf eine Lichtung
über die tiefblauen Wiesen des Himmels.
Das große Gedächtnis
Das Große Gedächtnis schlummert nicht
und der Stein erinnert sich
er wird seiner Sonnenmilch gedenken
der Funke wird leuchten
in der Finsternis der Materie.
Ob er
sich denn auch an uns erinnert
während das Vergessen
uns bedeckt?
Scheinbar
ist es auch nicht so schlecht
dass die Toten unten
einen Stein als Kopfkissen genommen haben.
Da ist sie
die Nacht kommt
löscht das Antlitz der Welt
und legt ein Schloss an die Häuser
aber ein Stein
der Schädel unseres Vorfahren
beginnt zu funkeln
wird zu einer Feuerstelle
in der Mitte der Stube
und wir, frosterstarrt
nach Jahrhunderten
sitzen rings um ihn.
Wir erwarten die Stimme des Hahns.
Bevor er ruft
singt über den Graten
ein steinerner Kopf
am Rande des Großen Vergessens
das zu Morgenröte des Bewusstseins wird.
Die Frauen kneten Brot
die Ackermänner sind bereit
die Furche beginnt von Anfang an.
Amen!
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Dieser Morgen tief wie ein Rubin
während wir am Kanalufer sitzen
was alles sieht, was denkt
jener silberne Fisch
der durch das Wasser gleitet
(Oder ist er jemandes Pupille,
jemandes Gedanke?)
So fragen wir uns
und bemerken es nicht, als
er die Schwelle übertritt
zu unserem blauen Bewusstsein.
Auf einmal, sieh: Das Fenster
eines Hauses jenseits der Berge
wird zum Fischauge
und die Sonne, die darüber hinweggeht
hat Kiemen, goldene Schuppen
und einen Fischschwanz.
In der Mitte des Hauses
der Meeresgott
nachdem er ein Schloss gelegt hatte
an unsere verstummten Lippen
holte er sich die Fische zurück
vom gedeckten Tisch, der war.
Der Ankömmling
Der Ankömmling hatte
Finsternis in den Augen
und Kälte im Herzen.
Der Hausherr und die Hausherrin
stellten den Teller
an den Ofen,
zur warmen Seele der Ahnen.
Sie stellte ihm noch
einen Krug Gebirgswasser
ans Kopfende des Bettes
denn sie erkannte an ihm die Verbrennungen
des niederträchtigen Sommergestirns.
Dann ward Stille
und der Traumvogel
nahm den Weg in die Höhen.
Im Morgengrauen,
anstelle des Ankömmlings,
auf der Lagerstatt:
Büsche kleiner Blüten
die sich anschicken zu sprießen
und der Krug geborsten,
der nicht ertragen konnte
den leeren Schein
seines Mondantlitzes.
Neolith. Opfergefäß
Der Ton ist gebrannt.
Das Feuer übersingt die Asche.
Das Gefäß, das heiligt.
Es singt, es schließt sich nicht
der begeisterte Mund
des neolithischen Bruders
der gesät hat.
Aus ihm entsprudelt auch das Lied
des neolithischen Gottes
der geerntet hat.
Es schwärmen die Stimmen
überreif hinter dem Bewusstsein
und das Getreide fällt
in die Krüge.
Schwer sinken nach unten
mit ihrer Last
Wasser und Feuer.
Gott weiß:
Auch heute
wird jener, der die Tonerde preist
und tief lauscht,
wieder die Fülle ernten.
Er haucht jetzt,
von neuem hingegeben an die Schöpfung,
aber nicht aus einer Rippe
sondern aus einem Ohr schafft er
den Neuen Adam.
Oh tiefe Schüssel, die lauscht!
Oh klingendes Getreide
über ihr
gebeugt von seiner Last!
Neolith. Geborstenes Gefäß
Vielleicht flog hier der letzte Meteor vorbei
mit Hochzeitsgaben für den Stein
vielleicht riss ein der mittägliche Zenith des Seins
inmitten des erstgereiften Getreides
vielleicht stöhnte der Lehm, als der Dolch
in den Körper drang, den Gott aus ihm geformt hatte
vielleicht schnitt das Kinderweinen
die Sekunde der andauernden Mitternacht entzwei
und jetzt versinkt die Stimme der schwarzen Gewässer tief
vielleicht raste irgendein Reiter durch die schrecklichen Schatten
der Teilchen, aus denen er nimmermehr hervorkam
vielleicht leuchtete stärker in Gott
der Gedanke an das Kornkammergrab
und wurde dann zu Ruß
vielleicht klaffte das Fischmaul, uns etwas zu sagen
als sich das Wasser zurückzog
und wartet noch immer auf die Sintflut, um zu reden
vielleicht rollte aus der Zukunft herab
der tiefblaue Schrei des Ungeborenen
das sich auf dem leeren Marktplatz der Stadt ergeht
allein mit dem Mond und dem Henker
vielleicht sang die purpurne Stimme der Rose zu laut
welche die Neuvermählten
aus der Kirche gerade in die Leichenhalle brachte
vielleicht erreichte auf der Stirne des Helden
die Asche das Gold und den Lorbeerkranz
so dass Rost beide, Sieg und Freiheit, zerfrisst
vielleicht brachte der Bote vorzeitig über dunkle Gebirgspässe
die Nachricht vom Unwetter in unserer Liebe
und von den Wunden Makedoniens...
Orgie
Voller Dunkelheit der Grund
ohne Ränder der Raum
eingestampft das Licht
einer weißen Galaxie.
Aber wenn es scheint
dass von dem dunklen Überfluss
das Rückgrat der Welt gebrochen ist
beginnt zu strömen
die Musik der Elemente.
Voll uralter Frische sind die Wasser.
Ein blinder Stern
findet seine Pupille wieder
zarter Funken
in der Finsternis der Materie
und es blickt uns an allsehend
das göttliche Auge.
Aber wo verlor sich
wohin verirrte sich mein Kuss
in diesem trüben Lärm
aus dem ein junger
und undurchsichtiger Wald entspross?
Dort, ein Kind
in den Dickichten des Blutes
bevor sein Name ausgesprochen wird
bahnt es einen Weg durch die aufgetürmten Schatten und singt
wodurch sich wieder erholt
die erschöpfte Welt.
Seine angeschwollene Stimme
führt die verirrten Seelen und Sterne
die Hirten und die Herde
auf eine Lichtung
über die tiefblauen Wiesen des Himmels.
Das große Gedächtnis
Das Große Gedächtnis schlummert nicht
und der Stein erinnert sich
er wird seiner Sonnenmilch gedenken
der Funke wird leuchten
in der Finsternis der Materie.
Ob er
sich denn auch an uns erinnert
während das Vergessen
uns bedeckt?
Scheinbar
ist es auch nicht so schlecht
dass die Toten unten
einen Stein als Kopfkissen genommen haben.
Da ist sie
die Nacht kommt
löscht das Antlitz der Welt
und legt ein Schloss an die Häuser
aber ein Stein
der Schädel unseres Vorfahren
beginnt zu funkeln
wird zu einer Feuerstelle
in der Mitte der Stube
und wir, frosterstarrt
nach Jahrhunderten
sitzen rings um ihn.
Wir erwarten die Stimme des Hahns.
Bevor er ruft
singt über den Graten
ein steinerner Kopf
am Rande des Großen Vergessens
das zu Morgenröte des Bewusstseins wird.
Die Frauen kneten Brot
die Ackermänner sind bereit
die Furche beginnt von Anfang an.
Amen!
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