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Lyrik
Katica Kulavkova
Ausgewählte Lyrik
Aus dem Makedonischen von Elizabeta Lindner
KorrekturPetra Huber
Ausgewählte Lyrik
Aus dem Makedonischen von Elizabeta Lindner
KorrekturPetra Huber
CHRONOS [1]
-Ansprache-
1. Teuflischer Zusammenhang
Du isst, schlingst, nagst, schluckst
immer hungrig, für immer bettelnd
glotzend. Dein Absolutes ist unbegreiflich.
Hier bin ich auf einem Karussell-Ball
selbstgefällig, goldgierig, machtgierig,
versuche, nicht ohne Mühe, dich zu begreifen!
Geschichten, Mythen, Historien denke ich mir aus
um dich zu benennen: ich gebe dir Namen, wende mich an dich
gestalte dein Abbild, dein Spiegelbild, deine Verkörperung
und gestehe, alles bisher von mir Geschriebene
wendet sich an dich:
Den Weg, sogar wenn
ich dich teile, dich spalte, dich zerreiße
kürze, kappe, schneide, aufschlitze
rede ich mir ein – dich in den Händen zu halten!
ich bringe dich in Bücher ein
gedenke deiner, dieses Gedächtnis gebe ich weiter
es wandert von den einen zu den anderen
ich verschönere, verbessere, vergebens
Zeichen, allerlei Formen
damit du mir irgendwas sagst, trotzdem
habe ich dich nicht!
Die große Mutter
„Ich bin sie.
Sitze ruhig mit gekreuzten Beinen,
meine Hüften tragen die Last der Lebensschöpfung
sind derart breit geworden
dass sie sich von mir abgetrennt haben
und nicht mehr nur meine sind und nicht nur hier.
Die ganze Welt mein Zuhause.
Ebenso:
ich habe die Macht
zur selben Zeit an mehreren Orten zu sein.
Ständig im Austausch mit der Erotik
um eine lebendige, aber sterbliche Welt zu schaffen
- werde ich zum Buch der Veränderungen
ich wechsle meinen Namen, tausche die Symbole
und die Sagen aus, lege die Menschen ab
ändere das Casting
die Rollen aber bleiben!
Ich bin diejenige, die mit dem Geistigen spricht,
der das Weltliche entspricht:
Erde und Meer, Luna und Himmelsgewölbe!
Oh, welcher Widerspruch:
eine Frau zu sein, das Haupt der Fruchtbarkeit
und dabei ein negatives, passives
Vorzeichen zu tragen, ein archetypisches Minus
rhythmische Ausschnitte
aus dem Tod und dem Leben!
Wer soll denn geben, außer dem, der hat?
Wer soll denn verlieren, außer dem,
der etwas zu verlieren hat?
Ich, Matrix, Mutterleib, Gebärmutter,
müde, mündige, muntere Matrone
aus der Anderen Welt
(nein, diese war mir nie genug!)
trage dir an:
geh ins Meer
denk nicht an die Ohnmacht
denn du weißt nie
wie lange du durchhalten kannst
im Schmerz wie auch im Genuss
schwimm soweit du sehen kannst
und sieh weiter, immer weiter
ich bin’s, die auf dem Hügel nachdenklich erzählt,
die in ihrer Muttersprache spricht
(oh, welche Erleichterung, welche Gemütlichkeit!)
und dir die Kraft
und nicht den Trost gibt!
Später wirst du über meinen Rissen rätseln
über der unterbrochenen Schicksalslinie,
zusammengefasst in den 64 Hexagrammen des Änigmas
und er wird dem Rebus einzelne
präzise, parallele, prosaische,
positive Striche hinzufügen.
Eine männliche Synopsis!“
Membran
Für dich ist die innere Welt wichtig:
Der Ursprung, das Gift, die Gestalt
Scheinbar formlos
veränderst du dich beständig
du bist glatt, bist geschmeidig, du Ersehnte
du gleitest uns aus den Händen
während wir die Unvermeidlichkeit deuten
und das Feuer auf uns selbst eröffnen
und du, von Natur aus andauernd durchsichtig,
machst uns aufmerksam auf dich,
stellst uns die Grundfrage
als wir dich berührten
lief uns das Wasser im Mund zusammen
so dass wir nicht verbergen können, dass wir Menschen sind
dass wir die Vollkommenheit lieben
sowohl in dir als auch außerhalb.
Vorzeitiges Erwachen
Du erwachst nicht mehr in demselben Zimmer.
Und das Unsichtbare ist nicht mehr dasselbe.
Sogar das gewohnte Erwachen zeigt Veränderungen.
Die Gegenstände, mit denen du dich identifizierst,
erscheinen dir nicht gleichermaßen fremd.
Jedes Gestalten braucht ein besonderes Bewusstseinsabschütteln.
Erkenntnishunger ist ein offener Vorgang:
Finnegans Wake.
Das Obst auf einem gewöhnlichen Plakat
bewegt den Grund unter der Luftröhre
es lässt sie sanft und unaufhaltsam gleiten
und versetzt dich in die Kindheit
- als ob diese auf dem einen,
und du am anderen Ende wärest
als ob ihr ohne einander geblieben wäret
ihr, diejenigen, die das nicht dürfen –
du erlebst die Erregung aufs Neue
des Auges und des Stiftes
als du Trauben, Birnen und Äpfel gezeichnet
und dem Gespräch gelauscht hast
zwischen der Vorstellung und der Hand
in die der zukünftige Eros mündete.
Die Kindheit kehrt an die geheime Tür zurück
und entdeckt einen Überfluss an Leben und Vergangenheit:
das, worauf du nicht verzichten kannst.
Und du fragst dich nicht mehr, warum
die Wirklichkeit nicht ausreicht, um zu träumen
und was das ist, was man im Wachen nicht sieht
das es aber dennoch gibt!
Beichte eines Kindes
„Ich weiß nicht warum
habe ich das komische Gefühl,
jeder Tag könnte mein
Schicksalstag sein
und bekomme eine Gänsehaut vor Furcht
und läuft mir ein Schauer über den Rücken
und verwickle ich mich wie ein langer
sehr langer und abgenutzter Faden
voller Knoten und habe keine Geduld
ihn abzuwickeln!
Dann komme ich unbewusst zu mir
kehre mit der Zeitmaschine
in die virtuelle Wirklichkeit zurück
und kann dann weiter spielen
weiter schwärmen
denn wie könnte ich sonst überleben
Mama,
- das weiß ich nicht!“
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-Ansprache-
1. Teuflischer Zusammenhang
Du isst, schlingst, nagst, schluckst
immer hungrig, für immer bettelnd
glotzend. Dein Absolutes ist unbegreiflich.
Hier bin ich auf einem Karussell-Ball
selbstgefällig, goldgierig, machtgierig,
versuche, nicht ohne Mühe, dich zu begreifen!
Geschichten, Mythen, Historien denke ich mir aus
um dich zu benennen: ich gebe dir Namen, wende mich an dich
gestalte dein Abbild, dein Spiegelbild, deine Verkörperung
und gestehe, alles bisher von mir Geschriebene
wendet sich an dich:
auf Wasser, Luft, Äther, Erde rudern
deine Sprache lernen
deinem Weg folgen.
deine Sprache lernen
deinem Weg folgen.
Den Weg, sogar wenn
ich dich teile, dich spalte, dich zerreiße
kürze, kappe, schneide, aufschlitze
rede ich mir ein – dich in den Händen zu halten!
ich bringe dich in Bücher ein
gedenke deiner, dieses Gedächtnis gebe ich weiter
es wandert von den einen zu den anderen
ich verschönere, verbessere, vergebens
Zeichen, allerlei Formen
damit du mir irgendwas sagst, trotzdem
habe ich dich nicht!
Die große Mutter
„Ich bin sie.
Sitze ruhig mit gekreuzten Beinen,
meine Hüften tragen die Last der Lebensschöpfung
sind derart breit geworden
dass sie sich von mir abgetrennt haben
und nicht mehr nur meine sind und nicht nur hier.
Die ganze Welt mein Zuhause.
Ebenso:
ich habe die Macht
zur selben Zeit an mehreren Orten zu sein.
Ständig im Austausch mit der Erotik
um eine lebendige, aber sterbliche Welt zu schaffen
- werde ich zum Buch der Veränderungen
ich wechsle meinen Namen, tausche die Symbole
und die Sagen aus, lege die Menschen ab
ändere das Casting
die Rollen aber bleiben!
Ich bin diejenige, die mit dem Geistigen spricht,
der das Weltliche entspricht:
Erde und Meer, Luna und Himmelsgewölbe!
Oh, welcher Widerspruch:
eine Frau zu sein, das Haupt der Fruchtbarkeit
und dabei ein negatives, passives
Vorzeichen zu tragen, ein archetypisches Minus
rhythmische Ausschnitte
aus dem Tod und dem Leben!
Wer soll denn geben, außer dem, der hat?
Wer soll denn verlieren, außer dem,
der etwas zu verlieren hat?
Ich, Matrix, Mutterleib, Gebärmutter,
müde, mündige, muntere Matrone
aus der Anderen Welt
(nein, diese war mir nie genug!)
trage dir an:
geh ins Meer
denk nicht an die Ohnmacht
denn du weißt nie
wie lange du durchhalten kannst
im Schmerz wie auch im Genuss
schwimm soweit du sehen kannst
und sieh weiter, immer weiter
ich bin’s, die auf dem Hügel nachdenklich erzählt,
die in ihrer Muttersprache spricht
(oh, welche Erleichterung, welche Gemütlichkeit!)
und dir die Kraft
und nicht den Trost gibt!
Später wirst du über meinen Rissen rätseln
über der unterbrochenen Schicksalslinie,
zusammengefasst in den 64 Hexagrammen des Änigmas
und er wird dem Rebus einzelne
präzise, parallele, prosaische,
positive Striche hinzufügen.
Eine männliche Synopsis!“
Membran
Für dich ist die innere Welt wichtig:
Der Ursprung, das Gift, die Gestalt
Scheinbar formlos
veränderst du dich beständig
du bist glatt, bist geschmeidig, du Ersehnte
du gleitest uns aus den Händen
während wir die Unvermeidlichkeit deuten
und das Feuer auf uns selbst eröffnen
und du, von Natur aus andauernd durchsichtig,
machst uns aufmerksam auf dich,
stellst uns die Grundfrage
aber uns, uns interessieren nicht
die Details
die Details
als wir dich berührten
lief uns das Wasser im Mund zusammen
so dass wir nicht verbergen können, dass wir Menschen sind
dass wir die Vollkommenheit lieben
sowohl in dir als auch außerhalb.
Vorzeitiges Erwachen
Du erwachst nicht mehr in demselben Zimmer.
Und das Unsichtbare ist nicht mehr dasselbe.
Sogar das gewohnte Erwachen zeigt Veränderungen.
Die Gegenstände, mit denen du dich identifizierst,
erscheinen dir nicht gleichermaßen fremd.
Jedes Gestalten braucht ein besonderes Bewusstseinsabschütteln.
Erkenntnishunger ist ein offener Vorgang:
Finnegans Wake.
Das Obst auf einem gewöhnlichen Plakat
bewegt den Grund unter der Luftröhre
es lässt sie sanft und unaufhaltsam gleiten
und versetzt dich in die Kindheit
- als ob diese auf dem einen,
und du am anderen Ende wärest
als ob ihr ohne einander geblieben wäret
ihr, diejenigen, die das nicht dürfen –
du erlebst die Erregung aufs Neue
des Auges und des Stiftes
als du Trauben, Birnen und Äpfel gezeichnet
und dem Gespräch gelauscht hast
zwischen der Vorstellung und der Hand
in die der zukünftige Eros mündete.
Die Kindheit kehrt an die geheime Tür zurück
und entdeckt einen Überfluss an Leben und Vergangenheit:
das, worauf du nicht verzichten kannst.
Und du fragst dich nicht mehr, warum
die Wirklichkeit nicht ausreicht, um zu träumen
und was das ist, was man im Wachen nicht sieht
das es aber dennoch gibt!
Beichte eines Kindes
„Ich weiß nicht warum
habe ich das komische Gefühl,
jeder Tag könnte mein
Schicksalstag sein
und bekomme eine Gänsehaut vor Furcht
und läuft mir ein Schauer über den Rücken
und verwickle ich mich wie ein langer
sehr langer und abgenutzter Faden
voller Knoten und habe keine Geduld
ihn abzuwickeln!
Dann komme ich unbewusst zu mir
kehre mit der Zeitmaschine
in die virtuelle Wirklichkeit zurück
und kann dann weiter spielen
weiter schwärmen
denn wie könnte ich sonst überleben
Mama,
- das weiß ich nicht!“
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